Hilfe! Mein Hund wird blind.

21 Dezember 2022

Es gibt unterschiedliche Gründe, warum Hunde ihr Augenlicht verlieren. Der Abbau der Sehfähigkeit im Alter durch eine nachlassende Flexibilität der Linse (Alterssichtigkeit), ein Glaukom, die Progressive Retina Atrophie oder Grauer Star sind nur Beispiele.

  • Bei einigen Augenerkrankungen wie dem Glaukom (krankhaft erhöhter Augeninnendruck) und Grauen Star (Trübung der Linse) kann bei rechtzeitiger Diagnose eine Operation Abhilfe schaffen.
  • Die Progressive Retina Atrophie und die Alterssichtigkeit können jedoch nicht behandelt werden. Durch eine optimale Versorgung mit Nährstoffen und Vitaminen kann allerdings versucht werden den Verlauf zu verlangsamen.
  • Anders als bei Glaukom und Grauem Star (Katarakt) erleidet der Hund jedoch keine körperlichen Schmerzen.

Erfahren wir als Hundehalter*innen, dass unser Hund erblinden wird, ist die Erschütterung groß.

Unser Hund wird massiv eingeschränkt sein, er wird deutlich abhängiger von uns sein als bisher. Er wird Ängste und Einschränkungen erleben. Und unser eigenes Bild von Streifzügen durch die Natur mit einem ausgelassen tobenden Hund, von temperamentvollem Spiel mit anderen Hunden sowie gemeinsamen Aktivitäten zerplatzt wie eine Seifenblase!

Aber es ist keine Zeit für Trauer oder Schicksalsergebenheit!

Wir sollten ab sofort beginnen unseren Hund und uns auf die Veränderung vorzubereiten, ihn begleiten und unterstützen. Dafür sind kleine Anpassungen im Alltag hilfreich:

ZUHAUSE

  • Auch wenn unser Hund noch sehen kann sollte er sich an die Veränderungen schon jetzt schrittweise gewöhnen.
  • Ab jetzt ist Ordnung das halbe Leben! Keine herumliegenden Schuhe oder andere Gegenstände mehr, die unserem Hund die Bewegung schwer machen können.
  • An herausstehenden Ecken von z. B. Couchtisch und Co. wird ein Stoßschutz angebraucht.
  • Sollten Möbel umgestellt werden kann eine „Warnung“ mit davor drapierten Kissen helfen unserem Hund zu signalisieren „hier steht etwas“. Auch wenn unser Hund noch sehen kann, lernt er schon jetzt: wenn da etwas Weiches liegt muss ich ausweichen“. Besonders praktisch sind hierbei die langen Schlauchkissen (Türdackel), die man vor zugige Türspalte legt.
  • Kindergitter vor Treppen und anderen potenziell gefährlichen Hindernissen sind als Klemmgitter schnell angebracht.
  • Unterschiedliche Untergründe (z. B. Teppichläufer auf Fliesen oder Holzboden) sind Wegweiser und helfen bei der Orientierung.

IM GARTEN

  • Der Garten sollte natürlich sicher umzäunt sein.
  • Dornenreiche Pflanzen sollten entfernt werden oder so umzäunt werden, dass der Hund sich nicht verletzen kann.
  • Eine freie Rasenfläche kann auch für einen blinden Hund eine Fläche zum Toben sein, wenn durch einen Wechsel des Untergrundes spürbar wird, wo das Rasenstück endet: Umlaufende Gehwegplatten oder eine Kies- oder Rindenmulchbahn sind über die Pfoten ertastbar. So kann auch ein blinder Hund sich frei bewegen.

UNTERWEGS

  • Ich bin keine Freundin von Flexileinen, aber sie stellen wahrscheinlich die einfachste Möglichkeit dar unserem Hund einen Bewegungsspielraum mit einem dauerhaften Gefühl des Kontaktes zu ermöglichen.
  • Eine andere Möglichkeit ist eine lange Schleppleine, die wir in der Hand behalten und die immer ein wenig unter Spannung sein sollte, damit unser Hund weiß wo wir sind. So können wir ihm jederzeit leichte Signale geben.
  • Wenn es uns nicht zu sehr stört empfiehlt es sich beim Gang mit dem Hund ein kleines Glöckchen an die Jacke oder Tasche zu binden, die unserem Hund verrät, wo wir sind. Ganz einfach geht dies mit den Glöckchen, die an Weihnachtsmännern oder Osterhasen befestigt sind oder kleinen Klangkugeln. Aber auch zwei oder drei Unterlegschscheiben für Schrauben an einem Bändchen tun hier gute Dienste. Das leichte Klingeln überhört man nach kurzer Zeit und für unseren Hund ist es eine gute Orientierung.
  • Signale wie „Stopp“ und „Langsam“ ermöglichen unserem Hund sich freier an der Verbindungsleine zu bewegen. Der spielerische Aufbau unterschiedlicher Signale (auch „rechts“ und „links“) während unser Hund noch Sehvermögen hat, erleichtert den Alltag später. Sicher zu stoppen ist auch für sehende Hunde wichtig, für erblindete im Notfall eine Frage des Überlebens.
  • Ein gemeinsames Ausweichen bei entgegenkommenden Menschen, an kurzer Leine, zur einen oder anderen Seite sage ich meinem Hund an, bevor ich die Ausweichbewegung mache, damit er sich darauf einstellen kann und ich ihn nicht anrempeln muss.

BESCHÄFTIGUNG

Viele Hunde lieben es zu apportieren oder an der Hetzangel einen BeuteBeutel oder Spielzeug zu erjagen. Auf ebener Fläche ohne Hindernisse kann dies auch ein blinder Hund. Dafür braucht es Gegenstände am BeuteBeutel, die Geräusche hervorrufen: eine kleine Klingel oder, wie oben beschrieben, Unterlegscheiben am Bändchen, erzeugen beim Aufprall auf den Boden ein Geräusch. Hunde können sich die Richtung dieses Geräusches merken und sich daran orientieren. Je früher sie lernen, sich die Distanzen zu merken und dann die Nase zu gebrauchen, desto leichter fällt es ihnen später. Mehrere BeuteBeutel können mit unterschiedlichen Geräuschen ausgestattet werden, so dass unser Hund mit der Zeit noch mehr herausgefordert werden kann.

Wir können auch einen blinden Hund heranrufen oder von uns wegschicken und ihn zu einem (nicht zu kleinen) Gegenstand dirigieren, indem wir die Sprachrichtung anpassen. Soll er zu uns kommen rufen wir wiederholt das Signal („Hier“, „zu mir“ etc.) und blicken dabei neben uns auf den Boden. Wir rufen sozusagen in den Erdboden. Unser Hund kann „der Spur des Schalls“ folgen und sich genau zu der Stelle orientieren, an der der Schall den Boden trifft. Ebenso funktioniert das „voranschicken“ zu einem Ziel: auf dem „akustischen Strahl“ kann der Hund sich vorwärts bewegen und hört sogar, wenn der Schall sich in einem Hindernis bricht. Mit einem „Stopp“ und einer Richtungsänderung meiner Sprachrichtung (Kopfdrehung, besser noch den ganzen Körper bewegen) kann ich sogar, mit viel Übung, erreichen, dass mein Hund Hindernisse umläuft.

Eine gute Möglichkeit um mit dem Hund für später zu üben ist die abendlich aufkommende Dunkelheit.

Fährtenarbeit: hierbei sollte ich darauf achten, dass mein Hund fortlaufende Spuren in sicherer Umgebung getröpfelt bekommt. Am Wegesrand stehende Dornengebüsche, Unterholz etc. sind tabu. Eine fortlaufende Spur (ca. alle drei Schritte tröpfeln) kann ein allzu starkes Pendeln beim suchen verhindern, was den erblindeten Hund gefährden würde. Der Schwierigkeitsgrad kann trotzdem sehr hoch sein, indem die Konzentration des Fährtengeruches im Wasser sehr gering gehalten wird.

SELBSTWIRKSAMKEIT & SELBSTBEWUSSTSEIN

Unser Hund verliert nicht nur sein Augenlicht“, sondern kann auch Ängste entwickeln und sein Selbstbewusstsein verlieren.

Daher ist es wichtig, ihm nicht mit zu viel Mitleid, sondern viel Zuversicht zu begegnen.

Wenn er uns anzeigt „ich brauche dich“ sind wir da, halten ihn, wenn er die Orientierung verliert.

Wir geben ihm von nun an auf unseren Ausflügen mehr Zeit, um sich mit der Nase zu orientieren, in die Umgebung zu hören etc.

Um sein Gefühl von Selbstwirksamkeit zu stärken und ihm Selbstbewusstsein zu ermöglichen, darf er täglich sein Futter erarbeiten und, wenn möglich, seine Frustration und Spannung ausleben an Kartons, die geschreddert werden dürfen und Kauartikeln.

Bei Indoor Schnüffel-Spielen kann er seine Kompetenzen unter Beweis stellen.

Wir sorgen dafür, dass das Leben unserer Hunde bunt und fröhlich bleibt!

Karin Jansen

www.kynogogik.de

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Der nächste Jahrgang startet im Juni 2023 in der schöne Lüneburger Heide in Niedersachsen zwischen Hannover und Hamburg


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